Anfrage Corona vom 16.1.2022

Sehr geehrter Herr Landrat Scherer,

nach Auswertung der RKI Daten vom 07.01 fällt auf, dass der Ortenaukreis zu den Kreisen gehört, bei denen die Corona Pandemie besonders stark zuschlägt. Ca. 10% der Bevölkerung haben sich mit dem Virus bisher infiziert und 1 Toter kommt auf 62 Infizierte.

Können Sie bzw. das Gesundheitsamt mir bitte sagen, wieso sich im Ortenaukreis mehr Menschen infizieren als z.B. in großen Städten wie in Freiburg (ca. 7%)? Gibt es von Seiten des Gesundheitsamtes Kontaktnachverfolgungen, um zu ermitteln, wo die Hotspots in der Ortenau sind? (Stecken sich die Leute z.B. mehr im privaten Bereich, in Kirchen oder Restaurants an?)
Gibt es von Seiten des Gesundheitsamtes Daten, warum die Todeszahlen in der Ortenau höher als z.B. in Freiburg oder Karlsruhe sind? (1 zu 84 bzw. 1 zu 85) Gibt es von Seiten des Gesundheitsamtes auch Daten über das Alter der mittlerweile fast 700 an und mit COVID-19 Verstorbenen?

Bei meiner letzten Anfrage zum Thema COVID-19 Todeszahlen meinten Sie, dass das Ortenau Klinikum keine Statistik führt, wie viele Menschen im Ortenau Klinikum an COVID-19 starben. Ich hoffe, dass dies mittlerweile nachgeholt wurde und bitte um entsprechende Daten. Um entsprechende Vorsorgemaßnahmen und eine effektive Pandemiebekämpfung gewährleisten zu können, halte ich es für extrem wichtig, solche Daten zu analysieren und zu erheben. Andernfalls werden wir auch im dritten Jahr der Pandemie lediglich auf Sicht fahren und unnötige Tote in Kauf nehmen.
Falls Sie meine Fragen nicht beantworten können bzw. solche Daten nicht sammeln, bitte ich Sie mir mitzuteilen, warum Sie es nicht für nötig halten, diese Daten zu erheben. Können Sie mir bitte auch noch mitteilen, wie der Impfstatus bei Patientinnen des Ortenau Klinikums ermittelt wird? Wird bei jedem Patient der Impfstatus erhoben?
Für die zeitnahe Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich herzlichst im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen

Jana Schwab

Antwort vom 8.2.2022

Sehr geehrte Frau Schwab,

Ihre Nachricht vom 16. Januar 2022 habe ich erhalten. Das Gesundheitsamt erfüllt in der Pandemiebekämpfung die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben, insbesondere die Übermittlung der vorgeschriebenen Meldedaten. Hierbei handelt es sich um die Aufgaben des Landratsamtes als untere Verwaltungsbehörde. Wie Sie bereits wissen, greift in diesem staatlichen Bereich kein Informationsrecht des Kreistags. Dennoch berichte ich – im Interesse einer umfassenden Information der Kreistagsmitglieder – grundsätzlich auch über meine rechtliche Berichtspflicht hinaus über die Aufgaben des Landratsamts in diesem Bereich. Vor diesem Hintergrund kann ich Ihnen im Rahmen des insoweit vertretbaren Aufwands gerne die nachfolgenden Informationen geben: Der Ortenaukreis steht im Hinblick auf die Todeszahlen seit Beginn der Pandemie und bezogen auf 100.000 Einwohner an fünfter Stelle in Baden-Württemberg. Bei Betrachtung der Zahlen ab September 2021 an siebter Stelle. Neben der Relation zur Einwohnerzahl ist zu berücksichtigen, dass der Ortenaukreis im Vergleich zu anderen Landkreisen viele Alten-und Pflegeheime hat (nur vier Kreise haben mehr Einrichtungen), die in der ersten Welle vom Ausbruchsgeschehen besonders betroffen waren. Zudem sind in den Todeszahlen auch viele Menschen berücksichtigt, die mit aber nicht an COVID verstorben sind. Verstirbt z.B. ein Krebspatient und wurde er kurz vor seinem Tod positiv getestet, fällt dieser Fall in die Statistik, selbst wenn keine typischen Corona-Symptome vorhanden waren. Bezüglich der Gesamtzahl der Erkrankten muss bedacht werden, dass ausschließlich positive PCR-Testungen im Meldewesen berücksichtigt werden. Verzichten Personen auf eine Testung oder wird auf diese im Zusammenhang eines Ausbruchs verzichtet, führt dies zu einer Dunkelziffer. Ob diese von Kreis zu Kreis variiert, ist nicht bekannt, weshalb die Vergleiche untereinander nicht verlässlich und zielführend sind, sondern allenfalls einen groben Hinweis geben können. Daten über das Alter der im Ortenaukreis an und mit COVID Verstorbenen sind dem Corona-Fallzahlenbericht auf www.ortenaukreis.de/corona zu entnehmen. Über den Todesort werden weder im Gesundheitsamt noch im Ortenau Klinikum Statistiken geführt. Für eine wissenschaftliche Auswertung wäre eine exakt identische Datenerhebung in beschriebenen Populationen erforderlich. Selbst diese Daten dürften nur verglichen werden, wenn weitere Parameter, wie z.B. die Verteilung der Altersgruppen in der Bevölkerung, der Anteil der Pflegebedürftigen, der Anteil der chronisch Kranken etc. dabei berücksichtigt würden. Dies ist jedoch nicht Aufgabe des Gesundheitsamtes. Das Fall- und Kontaktpersonenmanagement wurde bereits im November 2021 durch das Sozialministerium Baden-Württemberg umgestellt. Die Gesundheitsämter konzentrieren sich seither auf größere Ausbruchsgeschehen und den Schutz vulnerabler Gruppen, beispielsweise in Alten- und Pflegeheimen. Das bedeutet, dass positiv getestete Personen nicht mehr routinemäßig von den Gesundheitsämtern kontaktiert werden. Dennoch gilt für sie eine entsprechende Absonderungspflicht, die auch weiterhin von den Behörden kontrolliert wird. Das Ortenau Klinikum ist durch das Infektionsschutzgesetz verpflichtet, den Immunstatus der Patienten im Rahmen der Anamnese zu erheben.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Scherer Landrat